Für Ehepaare, die im Ausland leben, aber fast ausschließlich in Deutschland Einkünfte erzielen, bietet die Zusammenveranlagung erhebliche steuerliche Vorteile.
In diesem Beitrag wird erläutert, wie diese Vorteile zustande kommen, welche Stolpersteine es gibt und was Sie beachten müssen, um die steuerlichen Vorteile auch langfristig nutzen zu können.
Warum ist die Zusammenveranlagung so vorteilhaft?
Die steuerlichen Vorteile der Zusammenveranlagung beruhen auf dem progressiven Steuertarif nach § 32a Einkommensteuergesetz (EStG). Dieser Tarif besagt, dass der Steuersatz mit steigendem Einkommen zunimmt, sodass höhere Einkommen anteilig stärker besteuert werden.
Bei der Einzelveranlagung wird das Einkommen jedes Ehepartners separat besteuert, was insbesondere bei ungleichen Einkommen zu einer insgesamt höheren Steuerbelastung führen kann.
Vorteil des Splittingverfahrens:
Bei der Zusammenveranlagung hingegen wird das gemeinsame zu versteuernde Einkommen der beiden Ehepartner zusammengerechnet und dann halbiert.
Die Steuer wird auf dieses halbierte Einkommen berechnet, und das Ergebnis wird anschließend verdoppelt, um die Gesamtsteuerlast zu bestimmen.
Dieses sogenannte Splittingverfahren führt zu einer Verringerung der Steuerprogression, insbesondere wenn die Einkommen der Ehepartner stark unterschiedlich sind.
Ein einfaches, aber sehr deutliches Beispiel:
Bei der Zusammenveranlagung wird das gemeinsame zu versteuernde Einkommen von 20.000 Euro (20.000 Euro + 0 Euro) halbiert, sodass für die Steuerberechnung ein Einkommen von 10.000 Euro rechnerisch im ersten Schritt zugrunde gelegt wird. Da 10.000 Euro unter dem Grundfreibetrag liegen, fällt keine Einkommensteuer an. Da die Steuer auf 10.000 Euro also null beträgt, ergibt die Verdopplung dieser Steuer (zweiter Schritt) ebenfalls null. Zusammenveranlagt zahlen die Ehepartner somit keine Einkommensteuer.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie die Zusammenveranlagung bei ungleicher Einkommensverteilung zu einer erheblichen Steuerersparnis führt.
Der Stolperstein: Auslands-Einkünfte und der Grundfreibetrag
Für Ehepaare, die keinen Wohnsitz in Deutschland aber inländische Einkünfte haben, gilt bei der Zusammenveranlagung eine wichtige Regel: Ihre kombinierten Auslands-Einkünfte dürfen das Doppelte des Grundfreibetrags nicht überschreiten. Für das Jahr 2024 liegt der Grundfreibetrag voraussichtlich bei 11.784 Euro pro Person. Das bedeutet, dass die Auslands-Einkünfte beider Ehegatten zusammen nicht mehr als 23.568 Euro betragen dürfen, um weiterhin von den steuerlichen Vorteilen der Zusammenveranlagung zu profitieren.
Der Grundfreibetrag wird regelmäßig „nach oben“ angepasst, um die Kaufkraftverschiebungen beim Existenzminimum zu berücksichtigen – sprich, um die Inflation auszugleichen.
Da diese Anpassungen zwar regelmäßig erfolgen aber das Überschreiten mit deutlichen Steuerschäden verbunden wäre, ist es sinnvoll, sich „mit Puffer“ gedanklich an einem Betrag von rund 11.500 Euro pro Person zu orientieren. Für zwei Personen ergibt das also einen Richtwert von rund 23.000 Euro.
Ein zweiter Stolperstein: Ermittlung der Einkünfte nach deutschem Steuerrecht
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Ermittlung der Einkünfte nach deutschem Steuerrecht. Bei der Berechnung der Einkünfte geht man vereinfacht gesagt vom Bruttoverdienst aus, also dem Einkommen vor Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen oder ähnlichen Abzügen.
Zusätzlich müssen bestimmte Lohnersatzleistungen, wie zum Beispiel Elterngeld oder ein ausländisches Äquivalent (schädlich), hinzugerechnet werden.
Auf der anderen Seite können Werbungskosten abgezogen werden, zumindest jedoch der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, der aktuell bei 1.230 Euro liegt.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
Stellen Sie sich vor, Sie haben im Ausland ein Bruttoeinkommen von 20.000 Euro erzielt. Zusätzlich haben Sie 2.000 Euro an Elterngeld erhalten. Ihre Gesamteinkünfte betragen also etwa 22.000 Euro. Von diesem Betrag dürfen Sie den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 Euro abziehen, sodass die steuerlich relevanten Auslands-Einkünfte bei 20.770 Euro liegen. Dieser Betrag liegt unter der Grenze von rund 23.000 Euro, sodass Sie weiterhin die Vorteile der Zusammenveranlagung nutzen können. Hinweis: Die ausländischen Einkünfte unterliegen in Deutschland dem sog. „Progressionsvorbehalt“. Sie sind steuerfrei, beeinflussen aber den Steuersatz.
Wenn Ihre ausländischen Bruttoeinkünfte jedoch höher ausfallen, zum Beispiel bei 25.000 Euro liegen, und Sie zusätzlich 2.000 Euro Elterngeld erhalten, ergibt sich eine Summe von 27.000 Euro. Selbst nach Abzug des Pauschbetrags von 1.230 Euro bleiben steuerpflichtige Einkünfte von 25.770 Euro übrig, was die Grenze übersteigt und zu einem Verlust der steuerlichen Zusammenveranlagung in Deutschland führen könnte.
Alternativer Rettungsanker: Die 90 %-Regel
Neben der Grenze des doppelten Grundfreibetrags gibt es eine alternative Möglichkeit, die Zusammenveranlagung zu nutzen: Sie können die Zusammenveranlagung auch dann beantragen, wenn mindestens 90 % Ihrer gesamten Einkünfte in Deutschland steuerpflichtig sind. Diese Regelung kann als Rettungsanker dienen, allerdings ist sie in der Praxis eher selten relevant, da sie erst bei sehr hohen Einkünften greift und somit nur Ausnahmefälle betrifft.
Individuelle Abwägung: Mehr Einkommen vs. Steuerliche Vorteile
Bei all den steuerlichen Vorteilen, die die Zusammenveranlagung bieten kann, sollte die Steuerersparnis jedoch nicht das einzige Kriterium bei der Entscheidung über die Einkommensgenerierung der Ehegatten sein. Es ist wichtig, im Einzelfall sorgfältig abzuwägen, ob ein Ehegatte (im Ausland) deutlich mehr verdienen könnte und bereit ist, dafür mehr zu arbeiten. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, das höhere Einkommen zu erzielen, auch wenn dies bedeutet, dass die steuerlichen Vorteile der Zusammenveranlagung teilweise oder ganz entfallen.
Mehr Arbeit und ein höheres Einkommen können beispielsweise zu einer besseren Altersvorsorge, mehr finanzieller Sicherheit oder einer schnelleren Erreichung persönlicher Ziele führen. Die Entscheidung, wie viel jeder Ehepartner arbeitet und verdient, sollte also auch auf anderen Faktoren basieren, wie Lebensqualität, Arbeitszufriedenheit und langfristigen finanziellen Zielen. Steuerliche Erwägungen sind wichtig, sollten aber immer in einem größeren Kontext betrachtet werden.
Fazit
Für Ehepaare mit Auslandswohnsitz, die fast ausschließlich in Deutschland Einkünfte erzielen, ist die Zusammenveranlagung ein wirksames Mittel, um die Steuerbelastung zu senken. Die Vorteile ergeben sich vor allem dann, wenn einer der Ehegatten ein hohes Einkommen erzielt und der andere wenig oder gar nichts verdient. Durch den Splittingtarif wird das gemeinsame zu versteuernde Einkommen „geglättet“, was zu einer Reduzierung der Steuerprogression führt und die Steuerlast insgesamt in vielen Fällen spürbar senkt.
Allerdings gibt es zwei wesentliche Stolpersteine: Zum einen dürfen die Auslands-Einkünfte nicht über eine bestimmte Grenze hinausgehen, die sich am doppelten Grundfreibetrag orientiert. Zum anderen müssen die Einkünfte nach deutschem Steuerrecht ermittelt werden, was bedeutet, dass Bruttoeinkünfte einschließlich Lohnersatzleistungen zu berücksichtigen sind, abzüglich von Werbungskosten oder dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag.
Ein wichtiger Hinweis: Dieser Beitrag konzentriert sich auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Natürlich müssen auch andere Einkünfte, wie solche aus einem Gewerbebetrieb, in die Berechnung einbezogen werden. Die dargestellten Beispiele dienen der Vereinfachung und fokussieren sich deshalb auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Indem Sie diese Stolpersteine im Blick behalten und sich an den genannten Richtwerten orientieren, können Sie gewährleisten, dass Sie nachhaltig von den steuerlichen Vorteilen der Zusammenveranlagung profitieren.
Aber: Die Steuervorteile sind auch nicht alles. Die Möglichkeit, mehr Einkommen zu erzielen in Konkurrenz zu steuerlichen Vorteilen gilt es ergebnisoffen und pragmatisch-wirtschaftlich abzuwägen.
Sollten soweit Fragen im Einzelfall bestehen, stehen wir gerne telefonisch (0851 95689-0) oder per E-Mail (zu unseren üblichen Stundensätzen) zur Verfügung.
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